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Schauspielträume, Wartesäle und die Liebe: Der goEast Wettbewerb 2016

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16 ausgewählte aktuelle Produktionen sind vom 20. bis 26. April bei goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films im Wettbewerb zu sehen. Wie immer zeigt das vom Deutschen Filminstitut veranstaltete Festival in Wiesbaden und Frankfurt das Beste, was das Kino im Osten Europas zu bieten hat.

Kreativ, nicht selten kritisch und in jedem Fall besonders: Das macht die Beiträge des Spiel- und Dokumentarfilmwettbewerbs bei goEast aus. 16 der besten aktuellen Produktionen aus Mittel- und Osteuropa – darunter zehn Spiel- und sechs Dokumentarfilme – wurden von der Auswahlkommission ausgesucht, um im April in Wiesbaden präsentiert zu werden. Die Beiträge haben dabei eine Chance auf Preise im Gesamtwert von 21.500 Euro, die von einer internationalen Jury vergeben werden: den Preis für den Besten Film (10.000 Euro), den Preis für die Beste Regie der Landeshauptstadt Wiesbaden (7.500 Euro) und den Preis des Auswärtigen Amtes für kulturelle Vielfalt (4.000 Euro). Darüber hinaus gibt es den Preis der Internationalen Filmkritik (FIPRESCI-Preis).

K800_goEast_Visual_2016_72dpiDie Filme im Spiel- und Dokumentarfilmwettbewerb

Jeder goEast-Jahrgang zeigt, dass eine ganze Reihe der Wettbewerbsbeiträge ein thematisch verbindendes Element haben. Überdeutlich tritt in diesem Jahr hervor, dass sich viele der FilmemacherInnen mit dem sozialistischen Erbe ihrer Länder beschäftigen: Still beobachtend nähert sich der Dokumentarfilm DER AMEISENHÜGEL (EST 2015; Regie: Vladimir Loginov) einem monumentalen sowjetischen Garagenbau am Rande von Tallinn, der russischstämmigen BewohnerInnen des Viertels heute als Freizeit- und Arbeitsraum dient. Eine tadschikische Familie verlässt in Denis Shabaevs FREMDE ARBEIT (RUS 2015) ihren heimatlichen Ex-Satellitenstaat gen Russland – mit der drängenden Hoffnung auf ein besseres Leben. Eine poetisch bebilderte Hommage an den sowjetischen Film gelingt Laila Pakalnina mit MORGENRÖTE (LVA, POL, EST 2015), indem sie eine sowjetrussische Propagandageschichte exemplarisch ins Lettland der 1950er Jahre versetzt. Eine unstillbare Nostalgie thematisieren DER WARTERAUM (CAN, BIH 2015; Regie: Igor Drljaca) und EVA NOVA (SVK 2015; Regie: Marko Skop): So blicken beide Spielfilme auf alternde SchauspielerInnen, die mit Wehmut an die Blüte ihrer Karriere zu kommunistischen Zeiten zurückdenken, während sie zwischen kleineren Rollen und größeren familiären Problemen versuchen, ihr Leben in den Griff zu bekommen.
Erinnerungen an eine bessere Vergangenheit bestimmen auch den jungen Rayan in BOPEM (KAZ 2015; Regie: Zhanna Issabayeva), der Jahre nach dem Unfalltod seiner geliebten Mutter auf einen unerbittlichen Rachefeldzug geht. Eine gewisse Mordlust gibt auch den Takt bei SIRENENGESANG (POL 2015; Regie: Agnieszka Smoczynska) vor: Buchstäblich männerfressende Meerjungfrauen treiben hier in der Warschauer Nachtclubszene der 1980er ihr Unwesen. In Marcin Koszalkas gleichnamigem Debüt macht hingegen der Serienmörder DIE ROTE SPINNE (POL, CZE, SVK 2015) die Straßen Krakaus Mitte der 1960er Jahre unsicher. Noch weiter in die Vergangenheit zurück springt der ukrainische Beitrag LIED DER LIEDER (UKR 2015; Regie: Eva Neymann) und beschwört in Bildern schlichter Schönheit eine unglückliche Schtetl-Liebe herauf. Der Liebe verschrieben ist auch Alexandr Kotts neuer Film INSIGHT (RUS 2015), in der ein Mann erblindet, aber durch seine Krankenschwester Nadezhda neue Hoffnung schöpft. Die Hoffnung auf ein glückliches Leben im Wohlstand zerschlägt sich für die ProtagonistInnen in Marian Crisans ORIZONT (ROU 2015): Sie sind machtlos angesichts korrupter Verstrickungen.
Ein Stück georgischer Gegenkultur zeigt der Dokumentarfilm WENN DIE WELT LEICHT WIRD (GEO, DEU 2015; Regie: Salome Machaidze, Tamuna Karumidze, David Meskhi) und begleitet eine Gruppe junger SkaterInnen abseits eines angepassten Lebens durch die Hauptstadt Tbilisi. Bilder und Geschichten über das Leben in der georgischen Provinz sammeln eine Reporterin und ihr Kameramann in Salomé Jashis IM LICHT DES SONNENUNTERGANGS (GEO, DEU 2016). Für Ruhe und Ordnung im Alltag kämpfen zwei ukrainische Hilfspolizisten in UKRAINIAN SHERIFFS (UKR, LVA, DEU 2015; Regie: Roman Bondarchuk) – während der Krieg noch immer um die Ecke lauert. Einen beeindruckenden Balanceakt zwischen Dokumentarfilm und Fiktion bietet Palo Korec mit WARTESAAL (SVK 2015). Die Wartehalle eines Bahnhofs schafft hierbei die Verknüpfung zwischen den intimen Porträts von sieben Protagonistinnen. Bitterböse, wenn auch nicht ohne Hoffnung, ist dagegen die gesellschaftliche Bestandsaufnahme in Petr Vaclavs Spielfilm WIR SIND NIE ALLEIN (CZE, FRA 2016): Ein Hypochonder und ein Waffennarr schaukeln sich gemeinsam in ihrer Paranoia hoch – was natürlich kein gutes Ende nimmt.

Der Eröffnungsfilm

Eröffnet wird das Festival am 20. April mit einem absoluten filmischen Highlight: Als Wettbewerbsbeitrag außer Konkurrenz markiert TOD IN SARAJEVO (BIH, FRA 2016) von Oscar-Preisträger Danis Tanovic den Festivalbeginn. Zuletzt bei der Berlinale mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet, darf sich nun auch das Wiesbadener Publikum auf die skurrile Geschichte um den Mikrokosmos “Hotel Europa” freuen. Zum 100. Jahrestag des Attentats auf Franz Ferdinand soll dort eine Gedenkfeier stattfinden, jedoch treten bei den Vorbereitungen einige Komplikationen auf.

 


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